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Im Backoffice

2014 gründete Katharina Mayer das Unternehmen "Kuchentratsch".

Karottenkuchen, Käsekuchen, Nussecken: Kuchentratsch ist ein Traum für alle Gebäckliebhaber. Seit 2014 backen und verpacken Omas und Opas süße Köstlichkeiten im sozialen Start-up. Wie das Teamwork zwischen Büro und Backstube im generationsübergreifenden Unternehmen funktioniert, verrät Gründerin Katharina Mayer.

von Anna Baldig

inperspective: Katharina, beschreib doch mal, wie dein Arbeitsplatz aussieht.

Katharina Mayer: Wir arbeiten auf einer Fläche von 200 Quadratmetern. Backstube, Lager, Büroräume – alles unter einem Dach. Als klassisches Start-up sitzen wir in Gemeinschaftsbüros zusammen. Zehn Vollzeit-Mitarbeiter verteilen sich auf unsere beiden Office-Räume. Intensiver Austausch ist garantiert (lacht).

inperspective: Welche Bereiche gibt es im Unternehmen und was sind deine Aufgaben?

Katharina Mayer: Wir kümmern uns um den Vertrieb, die Logistik, die Orga, das Marketing und die Buchhaltung. Ich übernehme drei Rollen in der Firma. Zum einen bin ich Unternehmerin. Ich entwickle Ideen, stimme sie ab und setze sie mit dem Team um. Zum anderen bin ich Gesellschafterin, trage der Gesellschaft gegenüber eine Verantwortung. Das betrifft die Bereiche Financial, Buchhaltung, Abschlüsse, Recht und auch unser Markenauftreten. Und außerdem bin ich Managerin. Ich gehe mit in Projekte und bringe sie, wenn nötig, wieder "auf die Strecke". Ich kümmere mich um die Organisation des Ganzen, um das Team.

In zwei Team-Büros organisiert das Unternehmen alles – vom Backplan bis zur Auslieferung.

Das Team besteht nicht nur aus den Büromitarbeitern, sondern die backenden Omas und Opas gehören auch dazu. Was sieht die Arbeit in der Backstube aus?

Katharina Mayer: Wir haben 50 Omas und Opas, die wir auf Minijob-Basis beschäftigen. In der Backstube arbeiten sie an großen Backtischen, so können sie sich beim Backen unterhalten. In einer Schicht sind fünf Senior*innen und eine Leitung eingeteilt.

Wie organisiert ihr, wer wann arbeitet und welche Aufgaben übernehmen die Omas und Opas?

Katharina Mayer: Die Planung bereiten wir in einer Excelltabelle vor, die Backschichten für die Omas und Opas planen wir super analog mit Stift und Kalender. Eine Schicht dauert vier Stunden. Jeder kann entscheiden, wann er arbeiten will und trägt sich dementsprechend ein. Wenn eine Oma zum Beispiel drei Wochen auf die Enkelkinder aufpasst, dann ist sie nicht da. Die Senior*innen backen, verpacken und liefern aus. Acht Lieferomas und -opas haben wir, die mit dem Auto die Kuchen und Torten in München und Umgebung verteilen. Die meisten backen aber.

Gehen auch die Büromitarbeiter in die Backstube?

Katharina Mayer: Klar. Jeder aus dem Büroteam übernimmt alle zwei Wochen die Schichtleitung. Diese dauert sechs Stunden, weil die Zeit fürs Vorbereiten und Nachbereiten dazukommt.

Warum stehen auch eure Marketer und Vertriebler in der Backstube?

Katharina Mayer: So bringen wir verschiedene Generationen zusammen. Das Backen ist eine ganz andere Arbeit als die vor dem Bildschirm. Wir brauchen andere Fähigkeiten und es macht einfach Spaß, mit den Omas und Opas zu arbeiten. Außerdem lernen wir das Produkt besser kennen. Wenn wir wissen, wie es entsteht und wo vielleicht auch Schwierigkeiten liegen, helfen diese Erfahrungen beim Vertrieb, beim Marketing und der Logistik.

Oma Anni und Gründerin Katharina Mayer in der Backstube.

inperspective: Geben die Omas und Opas auch Input zum Beispiel in Sachen Marketing oder Logistik?

Katharina Mayer: Bei manchen Themen können sie aufgrund des Alters nicht helfen. Aber es gibt Bereiche, in denen wir total von ihren Vorschlägen profitieren. Ein schönes Beispiel sind unsere Nussecken. Wir hatten Probleme damit, wie lange wir den Teig ausrollen und wo auf dem Blech wir ihn platzieren sollten. Eine Oma fing an, eine Holzform zu entwickeln. Die dafür nötigen Einzelteile besorgte sie im Baumarkt. Daraus bastelte sie einen Prototypen. Wir probierten ihn aus und professionalisierten ihn. Die Nussecken-Schablone nutzen wir seitdem nur noch.

inperspective: Die generationsübergreifende Zusammenarbeit funktioniert offensichtlich gut. Aber gibt es auch Themen, bei denen die Meinungen auseinandergehen, eben aufgrund des Alters?

Katharina Mayer: Na klar, die gibt es. Bei Muffins zum Beispiel. Einige unserer Omas und Opas konnten nicht viel damit anfangen, als wir sie ins Sortiment aufnahmen. Sie kannten das Gebäck schlicht nicht. Ein anderes Beispiel: Wir haben kürzlich Backmischungen eingeführt, die man im Supermarkt kaufen kann. Die Reaktion darauf: "Backmischung, okay… ." Natürlich brauchen unsere Senioren keine Backmischungen. Sie sind Expert*innen, haben vielleicht nie eine verwendet. Auch fürchteten sie, dass wir sie mit dem neuen Produkt substituieren, also ersetzen wollen. Das ist natürlich nicht so.

inperspective: Wie habt ihr interveniert?

Katharina Mayer: In persönlichen Gesprächen haben wir diese Ängste abgebaut. Wir haben ihnen klar gemacht, dass es gut ist, einen zweiten Vertriebskanal zu haben. Besonders jetzt in Corona-Zeiten wird deutlich, warum.

inperspective: Wie seid ihr durch diese Zeit gekommen, gerade mit den Senioren in der Backstube?

Katharina Mayer: Wir haben die Backstube für vier Monate dicht gemacht. Seit zwei Wochen fangen wir wieder langsam mit dem Backen und Ausliefern an. Wir halten Hygienemaßnahmen ein und natürlich kann jede Oma und jeder Opa entscheiden, ob sie oder er in die Backstube kommen möchte – wie sonst auch. Aber momentan sind es besondere Umstände. Und es klappt gut, auch das Homeoffice des Büroteams. Wir arbeiten flexibel im Büro und von zu Hause aus. Die Prozesse haben sich gut eingespielt. Und ich finde ohnehin, dass jeder am besten weiß, wann und wo er arbeiten kann. Bei uns bestimmt jeder selbst seine Arbeitsweise.

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Fotos: © Mona Gaida und Reiner Hübsch

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