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inperspective update: Das perfekte Teilzeit-Office

Symbolbild: Immer mehr Unternehmen setzen auf das Co-Working-Ambiente – für Remote-Mitarbeitende ein Glücksfall.

Immer mehr Mitarbeitende wollen auch nach der Corona-Pandemie im Remote-Office arbeiten. Ist das eine Krise oder Chance für Unternehmen? Können Co-Working-Spaces die Lösung sein? Das inperspective update zum Thema "Remote".

von Hannes Hilbrecht & Kevin Berg

inperspective lead: Mehr Raum für die Gestaltung

"Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit."

John Fitzgerald Kennedy

In San Francisco impfen sie in den Zoos schon Affen, während in Deutschland Impfdosen liegen bleiben wie Flugzeuge auf verwaisten Flughäfen. Die Corona-Pandemie kann zum Nihilisten-Dasein bekehren, zum Schlechtsehen verführen. Krise macht mürbe. Besonders wenn die Erlösung, vermeintlich in Sicht geraten, wieder im Nebel verschwindet. "Wann wird es wieder so, wie es nie war", schrieb einmal der Romanpoet Joachim Meyerhoff. Ein passender Satz in Zeiten, in denen die Vergangenheit zum Sehnsuchtsort aufsteigt. Doch ist alles so trist und traurig? Jein.

Was die Wissensarbeit und den Ort betrifft, an dem sie stattfindet, dominieren zurzeit drei Narrative:

  1. "Ist doch gerade alles voll easy im Homeoffice. Den ganzen Tag logger in Jogger, kein unnötiges Bohei mit Kolleg:innen, Kritik der Vorgesetzten lässt sich "muten". Und wie viel Geld im Portemonnaie bleibt, wenn ich mir den Sieben-Euro-Chai-Latte mit Kürbisaroma bei Starbucks spare."
  2. "Alles gerade voll blöd im Homeoffice. Ich vermisse Dana, Frank, Yagmur oder Carlos, ich will lunchen, ich brauche Starbucks, ich brauche Kürbis-Chia-Pudding. Ich will mein Office zurück und ein Zuhause, das kein Büro ist."
  3. "Boah, wenn wir jetzt alles richtig machen und voll innovativ sind, dann wird das neue Arbeiten phänomenal. Das ist keine Krise. Das ist eine Chance. Eine super-duper-duper-duper-Chance."

Gleichgültig, pessimistisch, optimistisch, realitätsfern, noch so vieles mehr: Es gibt viele Perspektiven, aus denen Betroffene diese Krise betrachten und deuten können. Doch es lohnt sich im Hinblick auf die Büroarbeit, das Positive zu fokussieren:

Krisen ermutigen zu Eigeninitiative und Kreativität. Krisen erzwingen Lernprozesse. Krisen machen uns beweglicher. Strukturen, die einst steif waren, sind nun aufgeweicht und formbar. Bestes Beispiel: das Homeoffice. Das Thema Remote eignet sich perfekt zum Positivsehen und Bessermachen.

Wir erkennen tagtäglich die Vorteile dieser Arbeitsform: Weniger Verkehr auf den Straßen, mehr Platz in der Tram, weniger CO2, mehr Produktivität, weniger Erkältungen, mehr Flexibilität. Weniger Zeit vor dem Kleiderschrank, um den passenden Sarong auszuwählen.

Wir mussten ebenso bereits eingestehen, dass längst nicht alles positiv ist, sondern mitunter gefährlich. Unausgegorene Remote-Arbeitsplätze können krank machen. Mehr und mehr Menschen fehlt der menschliche Kontakt in Büros. Die Bindung zum Arbeitgeber wird durch die wachsende Distanz brüchiger.

Doch aus diesen diagnostizierten Mängeln können wir Aufgaben für die Zukunft ableiten: Bessere, von Spezialisten ersonnene Set-ups für Homeoffice-Mitarbeitende. Arbeitswelten, die endgültig zu Kommunikationsuniversen erwachsen. Mehr Selbstbestimmung am Arbeitsplatz und neue Gestaltungsmöglichkeiten für Architekt:innen.

Machen wir beim Thema "Remote" mehr richtig als falsch, wird das Arbeitsleben nach Corona für die allermeisten Büro-Beschäftigten ein besseres sein. Werden Unternehmen standortunabhängig Personal rekrutieren können. Werden Architekt:innen und Raumplaner:innen neu und weiter denken dürfen.

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Archivbild: Das Homeoffice verlangt kreative Mitarbeiter:innen. Oder bessere Set-ups.

inperspective science: Produktiver, aber nur in Teilen

Macht das Homeoffice produktiver oder ermuntert es zum Abspannen? Die Harvard Business School hat neue – Zahlen gestützte – Antworten auf diese allgegenwärtige und eifrig diskutierte Frage gefunden. Die Mitarbeiter:innen der renommiertesten Wirtschaftsfakultät der Welt befragten dafür 1.800 Führungskräfte aus verschiedenen Branchen. Die Ergebnisse der Wirtschaftswissenschaftler? Ziemlich vielsagend. So profitieren vor allem hoch gebildete Beschäftigte mit hohen Gehältern von Remote-Arbeitsplätzen. Das fördere und verstärke die Ungleichheit, schreiben die Forschenden. Außerdem formulierten die Autor:innen der Harvard Business School weitere Key-Learnings:

  1. Obwohl der Anteil der Fernarbeit insgesamt hoch ist, gibt es bei den Erfolgen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen.
  2. Die sogenannte Telearbeit ist in Bereichen mit besser ausgebildeten und bezahlten Arbeitnehmern viel häufiger anzutreffen.
  3. Die Befragten in Branchen mit hohen Verdienstmöglichkeiten haben einen geringeren Produktivitätsverlust durch den Übergang zur Telearbeit registriert.
  4. Mehr als ein Drittel der Firmen, in denen Mitarbeiter auf Telearbeit umgestiegen sind, glauben, dass diese Arbeitsform auch nach dem Ende der COVID-19-Krise in ihrem Unternehmen verbreitet sein wird.

inperspective numbers: 2.360.000

Wie verbreitet wird das Homeoffice noch sein, wenn Kontaktbegrenzungen irgendwann aufgehoben sind? Selbst die schlauesten Forscher:innen können bislang nur vage Vorstellungen formulieren. Die Wissenschaftler:innen der Harvard Business School erwarten anhand besagter Studien, dass 16 Prozent der US-amerikanischen Wissensarbeiter künftig überwiegend im Homeoffice arbeiten werden. Wendet man diese Prognose auf Deutschland an, würden etwa 2,36 Millionen Bürobeschäftigte dauerhaft im Remote-Office tätig bleiben.

Remote-Arbeit steigert die Produktivität. Zumindest in manchen Branchen. ©

inperspective people: Tim Mok

Im Interview mit allwork.space erklärt Tim Mok, Strategiedirektor von TPG Architecture, warum er trotz Remote Work nicht an das Ende des Büros glaubt. Auszüge aus einem Gespräch.

Allwork.Space: Wie wirkt sich der Wandel zu mehr Remote-Arbeit auf die Arbeitsplatzgestaltung aus?

Tim Mok: Einige Unternehmen überdenken ihre Immobiliensituation. Sie prüfen, für welche Teams es wichtig ist, im Büro zu arbeiten. Außerdem kommen künftig häufiger flexible Tische und Stühle zum Einsatz, um Mitarbeiter unterzubringen, die nur selten im Office sind.

Allwork.Space: Welche Designbereiche müssen Unternehmen fokussieren?

Tim Mok: Den organisatorischen und den gestalterischen Bereich. Unternehmen müssen herausfinden, welche Prozesse und Tools ihre Arbeitskultur bereichern können, auch wenn die Mitarbeiter nicht im Büro sind. Dafür ist es wichtig, Räume so zu gestalten, dass sie für einen großen Teil nutzbar sind.

Allwork.Space: Welche Herausforderungen erwarten Arbeitsplatzdesigner in Zeiten von sogenannter Remote-Work?

Tim Mok: Sie müssen Konferenztechnologien in Räume integrieren. Es sollte möglich sein, vor Ort, aber auch per Call an Meetings teilzunehmen. Außerdem braucht es Ideen für eine effiziente Raumnutzung trotz Abstandsregeln.

inperspective framework: Sieben Basics beliebter Co-Working-Spaces

Architekt:innen und Raumplaner:innen erdenken für Konzerne immer häufiger Arbeitswelten, die mehr an Co-Working-Spaces erinnern als an herkömmliche Büros. Was bei diesem "neuen" Office-Typ wichtig ist, erläutert Ingrid Velasquez, Chief of Content and Strategy beim Software-Unternehmen Fohlio. Zum kompletten Beitrag: Klick!

"Ich" und "Wir": Um produktiv zu sein, braucht es offene Bereiche genauso wie Rückzugsorte. Hier können einzelne Personen fokussiert und ruhig arbeiten.

Variable Sitzmöglichkeiten: In einem guten Co-Working Space sitzen die Personen auf Sitzsäcken, einem Ohrensessel oder einer bequemen Treppe. Das schafft neue Reize fürs Auge und fördert kreative Arbeit.

Verschiedene Szenerien: Unterschiedliche Looks eines Büros können die kreative Arbeit födern. 

Gutes Design: Schöne Dinge ziehen an. Highlights machen jeden Raum attraktiver. Das spricht Zielgruppen an, schafft Harmonie und sorgt für treue Raumnutzer.

Grünes vorleben: Dazu gehören Pflanzen in den Büroräumen. Sie reduzieren Stress und sind ein Hingucker. Außerdem erzeugt ein "grüner" Co-Working Space den Eindruck von Nachhaltigkeit.

Der Magen arbeitet mit: Snacks und deren Qualität beeinflussen die Wahrnehmung eines Büros enorm. Kaffee und gesundes Essen sind wichtige Wohlfühlfaktoren.

Räumliche Grundlagen: Das schönste Design ist verschenkt, wenn die Basics fehlen. Dazu gehören große Fenster und warmes Umgebungslicht.

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Der Salon im Paris Co-Working-Space wirkt edler als so manches Szenecafé.

inperspective project:  La Maison, Paris, Frankreich

Über drei Etagen erstreckt sich das farbenfrohe Büro des Co-Working-Anbieters La Maison in Paris. In dem alten Backsteingebäude eines Callcenters boten sich dem Architektenteam von Yemanja viele gestalterische Möglichkeiten.

Passend zum Namen des Projektes orientierten sich die Planer:innen bei der Konzeption an einer Wohnung und nannten den Hauptraum "Le Salon" – das Wohnzimmer. Hier können Mitglieder an verschiedenen Plätzen arbeiten oder entspannen. Die offene Bar lädt zu einer Pause mit frisch gebrühten Kaffee ein. Eine große Fensterfront flutet den Raum mit Licht. Die hohe Decke strichen Maler in Terrakottafarben, um sie besonders abzuheben.

Um viele sogenannte "Coworker" anzusprechen, bietet das Gebäude im großen Wohnzimmer verschiedenste Sitzmöglichkeiten wie Sofas, Sessel oder Hotdesks. Im Entspannungsraum genießen die Mitglieder ihre Pause oder messen sich am Tischkicker. Oder sie rekeln sich auf der großen Außenterrasse in der Frühlingssonne. Das ist nicht nur Büro. Das ist Abenteuer.

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