Menü öffnen

Ein modernes Büro drückt Wertschätzung aus

Carolin Matouscheck (l.) und Stefanie Peters (2. von rechts) freuen sich auf die Generation Z. Die Wirtschaftsberaterinnen erwarten lebhafte Impulse.

Stefanie Peters und Carolin Matouschek beschäftigen sich als renommierte Wirtschaftsberaterinnen intensiv mit der Generation Z. Sie sehen große Chancen – aber auch viele Herausforderungen.

von Hannes Hilbrecht

Über Carolin und Stefanie 

Dr. Carolin Matouschek arbeitete für zahlreiche Unternehmen im Personalbereich und in der Führungskräfte-Entwicklung. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit den Veränderungen in der Arbeitswelt. Stefanie Peters ist Gründerin der Unternehmensberatung enable2grow. Zuvor arbeitete sie weltweit für Beratungsfirmen. Die Generation Z, das sagen beide Expertinnen, wird eine Herausforderung für die Unternehmen. Welche Probleme die Firmen lösen müssen und was Architekten und Büroplaner über die kommenden Arbeitnehmer wissen sollten, verraten sie im Gespräch.

Carolin Matouschek beschäftigt sich seit Jahren mit der Generation Z. Im Job, aber auch in der Familie. Carolin ist fünffache Mutter.

inperspective: Viele Experten beschäftigen sich gerade mit der Generation Z. Manche behaupten, es sei eine Generation, die nicht so große Ziele verfolgt wie die vorherigen. Wie seht ihr das?

Carolin: Die Generation Z lebt den Gedanken, etwas erfinden zu wollen, das die Welt verbessert. Wenn sie einen Job machen, der einen wirklichen Inhalt hat, mit dem sie sich identifizieren, wird bei dieser Generation viel Positives herauskommen. 

Stefanie: Das unterschreibe ich zu 100 Prozent. Dieses Selbstbewusstsein, das die Generation Z hat, sorgt dafür, dass diese jungen Menschen viel eher in den Jobs ankommen und früher produktiver arbeiten. Wenn ich an den Beginn meiner Karriere denke, war ich anders. Eher zu schüchtern, zu brav und zu wenig selbstbewusst. Ich habe alles, was mir aufgetragen wurde, einfach erledigt. Erst einige Jahre später begann ich, selber Fragen zu stellen. Dass die Generation Z extrem forsch darin ist, zu hinterfragen und zu widersprechen, also neue Perspektiven zu öffnen, kann für die ältere Generation sehr hilfreich sein. Die Vorstellung, dass in einem Büro mit vielen 45-Jährigen ein 22-jähriger Mitarbeiter vermeintliche Standards kritisch hinterfragt, gefällt mir sehr. Das schafft Mehrwerte für Unternehmen. Wir müssen nur offen dafür sein. 

inperspective: Kann Individualität nicht auch ein Problem sein? Dann nämlich, wenn Einzelinteressen dem Teamgedanken im Weg stehen?

Carolin: Die Sehnsucht nach Individualität zeigt sich vor allem über die Außendarstellung. Die Zs streben nach Einzigartigkeit. Das geht unter anderem über das Aussehen, zum Beispiel mit einem besonderen Kleidungsstil. Einer meiner Söhne kauft nur Second-Hand ein und er trägt gerne alte Cordhosen. Das ist sein Alleinstellungsmerkmal. In Kontakt mit Freunden spielt seine individuelle Außendarstellung aber keine Rolle. Da ist er sehr hilfsbereit und kommunikativ. Familie und Freunde stehen für ihn an erster Stelle.

Stefanie: Das Streben nach Einzigartigkeit schließt gutes Teambuilding nicht aus. Wenn die Generation den "Purpose", also den Zweck, in einer Sache sieht, ist sie sehr engagiert. Und durch das tolerante Mindset gut in der Lage, trotz unterschiedlicher Auffassungen gemeinsame Lösungen zu suchen. Die Bedingung dafür ist aber, dass sie in ihren Jobs und den Unternehmen eine Identität erkennen. 

inperspective: Wie können Unternehmen genau diesen Zweck, diesen "Purpose", darstellen?

Carolin: Die Generation braucht klare Aufgaben mit einem nachvollziehbaren und sichtbaren Zweck. Und sie möchte diese Tätigkeiten in einem festen und sicheren Rahmen mit möglichst viel Freiheit ausüben. Auch das Employer Branding wird wichtiger. Die meisten jungen Menschen der Generation Z wollen für Unternehmen arbeiten, die etwas Tolles ausstrahlen. Oder am liebsten selbst gründen und ihr eigenes Ding machen. 

inperspective: Nun bedeuten neue Mindsets auch Wandel. Und der Wandel geht manchmal mit Problemen einher. Welche Herausforderungen kommen mit den Zs auf die Unternehmen zu?

Stefanie: Meine Generation vermischt Freizeit und Beruf sehr stark miteinander. Ich lese nach Feierabend oder am Wochenende E-Mails und dienstliche SMS. Ich bin Dienstleisterin und will für Kunden permanent erreichbar sein. Die Generation Z denkt anders. Sie nimmt das Handy abends nicht für den Job in die Hand. Sie fährt am Wochenende ohne Laptop in die Berge. Das ist gerade für Beratungsfirmen oder Anwaltskanzleien durchaus ein Problem, da der Job oft auf eine durchgehende Erreichbarkeit setzt. Unternehmen in starren nine-to-five-Strukturen, bei denen ein Arbeitstag bis 19 Uhr als Ausnahme wahrgenommen wird, müssen sich in dieser Hinsicht wahrscheinlich weniger für die Zs umstellen als hippe Start-Ups. Dort werden die Mindsets der Generationen bisweilen kollidieren.

inperspective: Wo können Unternehmen direkt ansetzen, um die Zs abzuholen?

Carolin: Wichtig ist eine klare Trennung der Kommunikationskanäle. Ich merke das bei meinen Kindern. Sie werden keine WhatsApp-Nachricht oder gar einen Snap von ihren Chefs bekommen wollen. Sie möchten mit ihnen eher über E-Mail kommunizieren, damit Job und Privatsphäre voneinander separiert bleiben. Darauf müssen sich Unternehmen einstellen. 

Stefanie: Unternehmen müssen Umgebungen schaffen, in dem agiles und selbstbestimmtes Arbeiten möglich ist. Damit meine ich nicht nur die räumliche Ausstattung, sondern ein hierarchieärmeres und innovativeres Umfeld.

inperspective: Hierarchien sind besonders in Büros sichtbar. Nicht umsonst hat sich der Begriff "Chefetage" etabliert. Jetzt können Arbeitswelten zunehmend Hierarchien aufweichen, indem auf klassische Chefbüros verzichtet wird – wie beim Unternehmer Tilo Bonow. Lohnt es sich für Unternehmen, wenn sie für die Generation Z in neue Arbeitswelten investieren?

Carolin: Der große Vorteil von modernen Büros ist ja der, dass er nicht nur der neuen Generation gefällt, sondern allen, die dort arbeiten. Von einer modernen Ausstattung profitiert jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen. 

Stefanie: Ich kann mich noch gut erinnern, als ich bei meinem ersten Arbeitgeber ins Büro kam. Ich erschrak damals. Die langen Gänge, kleinen Büros und grauen Teppiche – ganz furchtbar. Die Vorstellung, dort zu arbeiten, hat mich abgeschreckt. Dann kam aber früh im Gespräch der Hinweis der Unternehmens-Mitarbeiter, dass es bald ein neues Büro geben würde. Sie hatten schon einen kleinen Teil des damaligen Offices sehr ansprechend, offen und modern designt. Das war ein Arbeitsort, mit dem ich mich sehr anfreunden konnte. Bei meinen ersten Schritten ins Büro, da dachte ich noch: Nein, hier will ich eigentlich nicht arbeiten. Im Kopf war ich versucht, diesen Job gar nicht anzunehmen. 

inperspective: Dennoch gibt es immer noch viele graue Büros, die wenig Lust auf Arbeit machen. Dabei haben deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr gut verdient. Am Geld kann es eigentlich nicht liegen. Ist ein gutes Büro eine Frage des Mindsets?

Stefanie: Unternehmen sollten verstehen, dass ein modernes Büro Wertschätzung ausdrückt. Wenn sie wollen, dass ihre Mitarbeiter alles geben, müssen sie die Umgebung dafür schaffen. Und Wertschätzung ist der kommenden Generation sehr wichtig. Sie sind darauf noch mehr angewiesen, als wir es früher waren. Unternehmen, die noch in einem 80er-Jahre Büro arbeiten, mit kleinen Küchennischen und schlechtem Filterkaffee, sollten sich dringend in modernen Arbeitsumgebungen umschauen. Wenn sich sogar 40- bis 50-Jährige darüber beschweren, dass ein Arbeitsplatz nicht kommunikativ genug und viel zu eng ist, dann wird das die 20-Jährigen erst recht abschrecken. 

Carolin: Das Thema "Arbeitsumgebung" beginnt lange vor dem ersten Job. Meine Kinder, alle fallen in die Generation Z, beklagen das Lernumfeld bereits in der Schule. Auch dort geht es um eine Atmosphäre, die das Lernen und Arbeiten unterstützt. Viele Schüler wünschen sich hier moderne Strukturen. Sie wollen keine Kaffeeküche, sondern digitale Lernmittel oder W-Lan.

inperspective: Schule ist ein gutes Stichwort. Was können wir aus diesem "System", das die Generation Z bereits aktiv durchläuft, noch über die kommenden Arbeitnehmer lernen?

Carolin: Respekt kann bei der aktuellen Generation nur noch über Kompetenz vermittelt werden. Das alte Spiel "Ich bin der Lehrer und du der Schüler" funktioniert nicht mehr. 

Stefanie: Ich habe eine gute Analogie zur Schule. Meine Tochter hat in einem Fach ein Motivationsproblem. Sie meckert über den Unterricht. Aber das macht sie sehr fundiert. Ihr ist der Unterricht nicht ausreichend gut vorbereitet, es fehlt ihr an Struktur und Inhalt. Einfach Buchseiten abschreiben – das ist keine aktuelle Wissensvermittlung mehr. Und ich denke, darum geht es am Ende in jedem Meeting und in jedem Gespräch: Gute Führungskräfte sind immer vorbereitet, geben Struktur und Raum für gute Arbeit und persönliche Weiterentwicklung. 

inperspective: Was wären die Maßnahmen, die Unternehmen sofort einleiten könnten, um die Generation Z passend zu empfangen?

Carolin: Um dem Bedürfnis nach Individualität zu entsprechen, glaube ich, dass jeder seinen persönlichen Arbeitsbereich, eine individuelle Behandlung und einen auf ihn abgestimmten Entwicklungsplan braucht. Das sollten Unternehmen nicht vergessen. Solche Systeme können für Transparenz und Information sorgen – und den Zweck der Tätigkeiten von allen Mitarbeitern im Unternehmen vermitteln. Ich stelle mir beispielsweise Bildschirme und Tafeln vor, auf denen live zu sehen ist, wer mit wem gerade woran arbeitet. 

Stefanie: In meinem Unternehmen schreibt mir jeder Mitarbeiter drei Dinge auf, die er benötigt oder gerne im Büro hätte. Es geht um haptische Dinge. Um neue Stühle, eine Kaffeemaschine, vielleicht ein Bild an der Wand. Die Dinge, die am häufigsten genannt werden oder sich als dringend notwendig erweisen, setzen wir so schnell wie möglich um. Nehmen wir das Beispiel "Milch". Wir haben mittlerweile alles da, egal ob fettarm oder fettreich, ob Kuh-, Soja-, Hafer- oder Mandelmilch. Wir gehen da sehr auf die Einzelinteressen ein und haben festgestellt, dass das für extrem viel Wertschätzung sorgt. Das ist ein kleiner Hebel, der kaum etwas kostet, aber eine große emotionale Wirkung entfaltet.

inperspective: Wie müssen sich Führungskräfte für die Generation Z verändern? Eine ordentliche Auswahl an Milch und guter Bohnenkaffee werden ja kaum reichen, um junge Menschen dauerhaft zu begeistern.

Stefanie: Sie müssen Agilität ausstrahlen, moderieren und Menschen aktivieren. Als Führungskraft ist man nicht mehr ein guter Chef, wenn man viel Macht hat und alles (vermeintlich) besser weiß. Eine gute Führungskraft holt sich viele Einschätzungen ein, bündelt dieses Expertenwissen und trifft am Ende aus den gewonnenen Informationen die richtigen Entscheidungen. 

Carolin: Es geht aber nicht um ein bloßes Befreundetsein, um das Duzen und die Verbandelung auf Instagram. Gute Führungskräfte sind gute Vorbilder. Sie leben etwas vor, schaffen Raum und das passende Klima für motivierte und erfolgsorientierte Arbeit. Sie geben Chancen. 

inperspective: Was muss eine Führungskraft können, um die Generation Z zu erreichen?

Carolin: Viel besser kommunizieren und Transparenz bieten. Wir haben den "Purpose" ja angesprochen. Die Generation Z will verstehen, warum etwas, auf welche Art gemacht wird. Wenn Unternehmen das gut hinbekommen, ist ihnen der Einsatz der Zs sicher. 

Stefanie: Das gilt übrigens nicht nur für die Zs. Ich habe als Beraterin festgestellt: Je besser die Mitarbeiter das Warum verstehen, desto bereiter sind sie, sich auf Innovationen einzustellen. Es gibt viele Menschen über 50, die sich sehr mit KI und agilem Arbeiten beschäftigen. Weil sie ganz genau verstanden haben, warum das für die eigene Tätigkeit und das Unternehmen sinnvoll ist. 

inperspective: Was kommt eigentlich nach der Generation Z?

Carolin: Mit der Generation Z sind wahrscheinlich alle grundlegenden Typen, wie man Arbeit interpretieren kann, da. Eine völlig neue Generation erwarte ich mittelfristig nicht. Ich gehe eher davon aus, dass viele der bestehenden Denkweisen und Haltungen sich spannend vermischen werden.