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Büros müssen sich den Unternehmen anpassen

Ines Lege designt und kreiert in Berlin moderne Büros. Oberstes Gebot: Sorgsam mit dem Platz umgehen.

Größere Anforderungen, dafür weniger Platz. Die Büros von heute und morgen müssen Architekten effizienter gestalten. Nicht nur neue Möbel sind wichtig, sondern auch technische Innovationen.

von Ines Lege, ONWS

1. Platz da!?

Das größte Problem für Unternehmen in Großstädten ist der fehlende Raum. Das effiziente und kreative Arbeiten mit dieser knappen Ressource ist für uns Innenarchitekten eine der größten Herausforderungen. Wir müssen immer mehr Wünsche in immer kleineren Räumen umsetzen. Das sind Anforderungen wie unterschiedlich große Meetingräume, einladende Küchen, Rückzugsbereiche, Telefonkabinen, Yoga- oder Ruheräume und alternative Zonen im Open Space, an denen die Mitarbeiter zusammentreffen.

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Eine adäquate Lösung ist: Effizienz. Damit meine ich nicht, einfach mehr Schreibtische in einen Raum zu stellen. Es geht darum, die Büros effizienter an die Arbeitsprozesse der Unternehmen anzupassen.

Bei einem Kunden gab es beispielsweise das große Problem der fehlenden Meetingräume. Immer wieder mussten Meetings vorzeitig unterbrochen werden, weil die nächsten Kollegen schon an der Tür klopften. Das Problem des Unternehmens war relativ leicht lösbar. Wir stellten in den Gesprächen mit den Führungskräften fest, dass die Meetingräume zwar hochfrequentiert, jedoch kaum ausgelastet waren. In einem Bereich, groß genug für 15 Personen, saßen meist nur zwei bis drei Mitarbeiter pro Meeting. Also machten wir aus dem ersten Konferenzraum drei kleine Kabinen. Den zweiten teilten wir einfach in der Mitte. Den letzten lösten wir komplett auf. Aus drei großen Meetingräumen wurden fünf  kleinere. Und gleichzeitig schufen wir mehr Bürofläche.

Die Küche ist einer der wichtigen Räume in einem modernen Büro.

2. Kaum noch Konstanz – sondern immer mehr Flexibilität

Auch wenn es komisch klingt: Wir designen Büros und wissen genau, dass sie womöglich keine zehn Jahre in dieser Form erhalten bleiben.

Wachsende Unternehmen wie Startups brauchen schnell Platz und trotzdem tolle Büros, um die talentiertesten Mitarbeiter anzulocken. Doch wenn wir ein Büro für 200 aktuelle Mitarbeiter designen, müssen wir im Hinterkopf bedenken, dass sehr bald 300 Menschen hier arbeiten könnten.

Auch die Bedürfnisse, die ein Raum befriedigen muss, unterscheiden sich von Tag zu Tag. Heute ist ein bestimmter Raum ein Treffpunkt für Meetings. Morgen ein Großraumbüro. Und übermorgen schon wieder ein Tagungsort, an dem Mitarbeiter acht Stunden an Whiteboards brainstormen. Diese künftigen Entwicklungen müssen wir schon bei unseren Konzepten mitdenken.
Die nötige Flexibilität ermöglichen wir mit Sonderanfertigungen. Mit Whiteboards auf Rollen, an deren Rückseite Monitore für eine etwaige Telefonkonferenz angebracht sind. Als Innenarchitekten verplanen wir nicht mehr nur fertige Möbel, sondern müssen selbst Lösungen kreieren und bauen lassen.

Bis an die Decke. Gerade in Großstädten wird die Raumnot kreativ beantwortet.

3. Das Interieur verändert sich

Auch beim Interieur bemerken wir einen starken Wandel. Ein einfaches Beispiel: Staufläche. Vor ein paar Jahren arbeiteten wir gerne mit Regalen, um Räume zu strukturieren. Dass konnte ein flaches Regal als Raumtrenner sein.

Doch Staufläche wird zusehends unbedeutender. In modernen Büros arbeiten immer weniger Menschen mit Papier. Die Zeit der Aktenberge, die in den Regalen sortiert werden, ist bei den allermeisten unserer Kunden vorbei.

Bei Monitoren, die an der Wand befestigt sind, mussten wir früher alle möglichen Kabel mitdenken. Doch in den neuen Büros ist die Kabelorganisation nicht mehr so wichtig. Geräte verbinden sich drahtlos über Bluetooth und WLAN.

Wir lernen daraus, dass wir uns nicht nur mit neuen Möbeln beschäftigen müssen, sondern auch mit technischen Innovationen. Sie beeinflussen die Infrastruktur in den Büros und damit auch das Denken von Innenarchitekten und Planern enorm.

Neue Büros brauchen neue Möbel. Maik Marten, Partner von Ines Lege, nutzt eine Ruheinsel auf Rollen.

Der Notizblock von Ines

  1. Deine wichtigste Inspirationsquelle:
    Pinterest und Instagram. Pro Tag verbringe ich mehrmals Zeit in den sozialen Netzwerken und lasse mich inspirieren.
  2. Dein kreativer Trick:
    Früher stellten wir den Kunden mehrere Konzepte vor. Oft waren das drei sehr unterschiedliche Varianten. Das machen wir heute nicht mehr. Wir konzentrieren uns auf eine Lösung. Das macht uns effizient und hilft sogar den Kunden. Denn weniger Auswahl bedeutet für sie mehr Fokus auf die wesentlichen Wünsche.
  3. Deine größte Herausforderung:
    Handwerker finden. Wir haben einen etablieren Stamm an Spezialisten. Doch gerade bei zeitkritischen Projekten ist es oft schwer, die richtigen Kräfte schnell zu engagieren. Ein gutes Netzwerk wird immer entscheidender.
  4. Deine Meinung: Funktionalität oder Optik?
    Eindeutig beides. Voraussetzung ist immer eine gute Funktionalität bis ins kleinste Detail. Doch auch das Design wird für Unternehmen immer wichtiger. Ein Beispiel: Ein Unternehmen zog aus Platzgründen an den Stadtrand von Berlin. Die Mitarbeiter haben einen langen Arbeitsweg. Daher war es unserem Kunden wichtig, den Mitarbeitern ein besonders einladendes und inspirierendes Arbeitsumfeld zu schaffen. Damit sie trotz der langen Fahrzeit gerne zur Arbeit kommen. Das Feedback zeigt: es hat funktioniert.
  5. Dein spannendstes Projekt:
    Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen aus Hessen. Der Kunde wünscht sich einen Kulturwandel und hat richtig Lust auf das Projekt. Er möchte die Mitarbeiter durch die neuen Büros enger vernetzen. Hier können wir viel gestalten und stoßen auf sehr viel Offenheit. Das motiviert extrem.