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Der Office-Lover

Michal Ptacek ist der Gründer der Plattform Officelovin.

Seattle, Shanghai, Stockholm: Die Plattform “Officelovin” zeigt die tollsten Bürodesigns aus den Metropolen dieser Welt. Der Tscheche Michal Ptacek ist der Urheber dieses Poesiealbums moderner Büros. Wir haben mit ihm über Trends, Detailliebe und das richtige Maß Bescheidenheit gesprochen.

von Hannes Hilbrecht

inperspective: Michal, du weißt wie kaum ein anderer, was ein "schönes" Bürodesign ausmacht. Du bist der Kopf hinter der weltweit erfolgreichen Inspirationsplattform “Officelovin”. Mit welcher Motivation hast du das Magazin damals gegründet?

Michal Ptacek: Schon als Kind war ich ein IT-Guy. Sehr früh habe ich mit der Entwicklung von eigenen Videospielen begonnen. Dann habe ich mich langsam an das Web-Development herangetastet. Vor vier, fünf Jahren bemerkte ich einen neuen großen Trend: Unternehmen investieren mehr und mehr Ressourcen in ihre Büros. Sie wollen mit tollen Räumen die besten Talente anlocken. Zunächst war dieser Wandel bei Unternehmen aus den Technologie-Branchen zu beobachten. Mittlerweile zieht sich dieser Trend durch alle Wirtschaftsbereiche. Die meisten fortschrittlichen Unternehmen wollen eine inspirierende Workspace-Environment für ihre Mitarbeiter kreieren. Da hatte ich die Idee, dass es eine Website als "Showcase" für die besten Office-Designs auf der ganzen Welt geben müsste, eine Bühne für Best Practices. Ich möchte, dass Menschen weltweit einen Zugang zu einmaligen Arbeitswelten bekommen und sich dort inspirieren lassen können.

inperspective: Referenzen sind für Architekten und Designer besonders kostbar. Viele Firmen wollen aber nicht, dass ihre Best Practices an falscher Stelle gezeigt oder schlimmstenfalls missbraucht werden. Wie hast du sie überzeugt?

Michal: Zunächst war es schwierig. Die Architekten und Designer mussten uns und unserer Arbeit vertrauen lernen. Das war ein Prozess. Ich habe persönliche und authentische E-Mails an jedes Architektur- und Design-Studio geschrieben, wenn ich ein Projekt featuren wollte. Das war harte Arbeit. Aber auch Einsatz, der sich rasch auszahlte. Nach einer Weile begannen die Firmen von selbst, Projekte für Officelovin vorzuschlagen. 

inperspective: Wie viele Projekte zeigt ihr mittlerweile auf eurer Website?

Michal: Über 440 Architektur- und Designunternehmen sind mit mehr als 2.600 Büros auf unserer Plattform vertreten. 

inperspective: Nun ist Officelovin seit einigen Jahren in den Weiten des World Wide Web zu finden. Was hat sich von der Gründung bis heute verändert?

Michal: Es hat sich verdammt viel verändert! Nachhaltigkeit, biophile Elemente und kollaborative Stimmungen werden in den Büros sichtbar stärker betont. Aufgeräumte, minimalistische Strukturen mit klaren Linien und die rege Nutzung von vielseitigen Holzelementen sehen wir ebenso immer häufiger. Ich vermute, dass wir bald einen Decline, einen Rückgang, bei den Großraumbüros beobachten werden. Aus praktischen und gesundheitlichen Gründen.

inperspective: Du sprichst mit "Biophilie" und "Minimalismus" bereits zwei große Trends an. Welchen Stil magst du persönlich am meisten?

Michal: Ich bin ein großer Fan von "Japandi". Dieser Design-Stil kombiniert Elemente aus skandinavischen und japanischen Raumkonzepten. Als wir unser eigenes Office entwickelt haben, orientierten wir uns an dieser Leitlinie.

inperspective: Glauben wir Klischees, was wir nicht tun sollten, steht Deutschland weltweit für seine Maschinentechnologie, Italien für Pizza, Pasta und Urlaubsfeeling. Kuba für Rum und Zigarren. Aber welches Land steht am meisten für moderne Arbeitswelten?

Michal: In der Breite gesehen sind es die USA. Im Speziellen bin ich ein großer Fan von Officedesigns – und auch von der Architektur – aus Australien. Australische Designer haben ein gutes Auge. Und Geschmack.

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Die traditionellen japanischen Lampen sind der Hingucker im Büro von Michal Ptacek.

inperspective: Was findest du in Büros hübsch, was reizt dich?

Michal: Ich mag natürliche Materialien, besonders Holz. Und ich schätze simple und elegante Linien, gerne viele Blumen. Aber alles sollte bescheiden sein. Was ich gar nicht mag, sind pompöse Büros. Dort, wo ich das Gefühl habe, dass alles danach schreit, wie teuer es war. 

inperspective: Wir sprachen über das Schöne, über das Kreative. Was sind No-Gos, wenn Unternehmen ihr Design verändern wollen?

Michal: Wenn das Design dem Praktischen vorgezogen wird, sehe ich das sehr kritisch. Es ist schön, einen nett designen Workspace zu haben. Aber wenn sich deine Mitarbeiter, die Menschen, dort nicht wohlfühlen und die Zusammenarbeit nicht richtig funktioniert – was ist das dann noch das Design wert? Nicht viel. 

inperspective: Du hast vorhin erzählt: 440 Design- und Architekturstudios und über 2.000 Best Practices sind auf Officelovin vertreten. Was sind deine Favoriten?

Michal: Das Headquarter von Slack in San Francisco. Und das Office von Indeed in Tokio. Ich habe zu beiden Büros Artikel geschrieben und erklärt, was ich an ihnen schätze. 

inperspective: Du bist nicht nur Betreiber von Officelovin, sondern auch als IT-Unternehmer in weiteren Branchen tätig. Wie würdest du dein Büro detaillierter beschreiben?

Michal: Bei uns trifft “Japandi” auf “Minimalismus”. Es ist hell und luftig, mit einigen exklusiv für uns aufbereiteten Möbeln. Die kombinieren wir mit dem regulären Zeug von IKEA. Meine liebsten Elemente – und die teuersten – sind traditionelle japanische Beleuchtungssysteme von Formakami & Tradition.

inperspective: Jetzt musst du als Experte mit internationaler Perspektive für uns aus dem Kaffeesatz lesen: Wie wird die Corona-Pandemie die Bürokultur verändern?

Michal: Wie ich eingangs erwähnte: Wir werden definitiv einen Rückgang beim Open-Space-Layout sehen. Die Gesundheit der Mitarbeiter wird eine der wichtigsten Prioritäten bleiben. Und ich vermute, dass modulare Offices, die flexibel und dynamisch nutzbar sind, an Bedeutung gewinnen werden. Wir drücken auf einen Knopf, und unser Büro sieht ganz anders aus als am Vortag. Dieses Dynamische ist sehr spannend.

inperspective: Nachdem dir weltweit Architekten ihre besten Projekte anvertrauen: Was sind deine nächsten Ziele mit Officelovin?

Michal: Ich möchte weiterhin die schönsten und innovativsten Büros aus aller Welt präsentieren. Und ich möchte weiter mit talentierten Designern und Architekten zusammenarbeiten. Es gibt bereits eine lange Roadmap mit diversen Veränderungen, die ich auf Officelovin implementieren möchte. Mein Ziel ist es, dass wir die Entwicklung vom Magazin zur Plattform weiter fortführen und eine noch bessere Anlaufstelle für Menschen werden, die nach Inspiration und Best Practices suchen.

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