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Ein Showroom für Haltung

Christoffer Süß ist Marketingleiter bei PALMBERG und Herausgeber von inperspective.

Wie können Unternehmen mit ihren Arbeitswelten Wertschätzung ausdrücken und Hersteller Büromöbel bauen, die niemanden ausgrenzen? PALMBERG-Marketingleiter Christoffer Süß sucht Antworten auf diese Fragen. Ein Essay.

von Christoffer Süß

Vor einigen Jahren hatte ich mein Vorstellungsgespräch bei Palmberg. Der Austausch verlief prächtig. Die Aufgabe gefiel, forderte mich heraus. Das Unternehmen genoss auch im Hamburger Umland, in dem ich lebe, einen sehr guten Ruf. Es war schnell klar: Das passt.

Nach den ersten Gesprächen sind wir dann noch in die Büros gegangen, in denen ich zukünftig tätig sein sollte. Ich war irritiert. Die Arbeitsräume schienen ein wenig aus der Zeit gefallen. Beige, blass, wenn ich es beschönigend sagen möchte: nostalgisch. Ich hatte die hochtechnologischen Produktionsstraßen zuvor bestaunt und die modernen Ausstellungs- und Besprechungsräume. Ich fragte mich: Wie kann ein Unternehmen, das innovative Büromöbel erdenkt und baut, in solchen Räumen arbeiten? Ich fühlte mich allein durch das Büro, in dem ich mich befand, als potenzieller Mitarbeiter weniger wertgeschätzt. Meine Begeisterung für den Job begann zu bröckeln. Obwohl alles andere, wenn man so will, die inneren Werte, perfekt stimmten.

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Der Wohlfühlfaktor im Büro

Ich sprach mein – auf den ersten Blick vielleicht – oberflächliches Empfinden bei den Beteiligten an und wurde schnell beruhigt. Der Umbau war schon geplant, der Missstand aufseiten der Geschäftsführung längst erkannt. Unabhängig von meinem ersten Eindruck wurde bereits an der Lösung gearbeitet. Ich nahm den Job an. Heute sitze ich in einem modernen Büro mit allen Voraussetzungen und besten Bedingungen, die ich für meine Aufgaben benötige. 

Wenn ich an Wertschätzung und Respekt in Arbeitsräumen denke, fällt mir diese Anekdote vom Vorstellungsgespräch als Erstes ein. Rückblickend empfinde ich diesen Moment als extrem wertvoll. Er hat mich für den Job sensibilisiert, für das, was wir mit unserem Unternehmen machen wollen: Qualitative Möbel für besondere Arbeitsumgebungen bauen, in denen sich Menschen wertgeschätzt fühlen.

Wenn so ein Ort nicht existiert, ist es schwer, Bewerber und Mitarbeiter für Jobs zu begeistern. Ich hatte es selbst erlebt. Die Freude und Motivation über die interessante Herausforderung verblasst, sobald sich ein Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz nicht wohlfühlt.

Ein Management-Büro von PALMBERG, das nicht Frauen oder Männer ansprechen soll – sondern allein den persönlichen Geschmack der Nutzer.

Divergierenden Ansprüchen gerecht werden

Doch wie erzeugen wir ein Gefühl von Wertschätzung bei den Menschen, die in den Büros arbeiten? Wen wollen wir mit unseren Produkten und Dienstleistungen wertschätzen? Da sind die Unternehmen, die unsere Möbel ordern. Die Fachplaner, Gestalter und Innenarchitekten, die uns empfehlen und die aus Farben, Wänden und Möbeln Atmosphären gestalten, einen Raum einzigartig machen.

Und es gibt die Mitarbeiter, die von einem Arbeitsplatz Individualisierbarkeit und Ergonomie erwarten und mitunter mehr Zeit an ihren Schreibtischen verbringen als zu Hause auf den Sofas.

Wie können wir diesen teilweise divergierenden Ansprüchen gerecht werden? Das Streben nach vielseitigen und veränderbaren Büromöbeln ist eine unserer Kernaufgaben in diesem Jahrzehnt. Sie ist gar nicht so leicht zu lösen. Beim Thema Individualität kollidieren die Ansprüche von Unternehmen und Mitarbeitern an Büromöbel besonders häufig.

Firmen schätzen Einheitlichkeit und Effizienz. Wenn ein Angestellter geht, will ein Unternehmen nicht alle Möbel an einem Arbeitsplatz austauschen müssen. Mit Konzepten wie Flex Desk wollen Firmen Raum und damit Ressourcen sparen. Dass es für die Mitarbeiter dann schwieriger wird, eine Beziehung zum Arbeitsort aufzubauen, akzeptieren Unternehmen als zu vernachlässigenden Kollateralschaden. Aber was, wenn genau ein toller, einzigartiger und auf den Menschen und seine Bedürfnisse zugeschnittener Arbeitsplatz initial zwar kostenintensiv ist, er aber die langfristig viel teuere Fluktuation verringert? Und vielleicht sogar dafür sorgt, dass das optimierte Zusammenspiel von Homeoffice und Präsenzplatz produktive Schübe auslöst? Die beste Methode zur Problemlösung, das hat sich für uns schon über Jahre hinweg in unseren externen Kundenbeziehungen bewährt, ist simpel: zuhören.

Proaktives Hinterfragen als Ideentreiber

Auch deshalb starteten wir unser Online-Magazin inperspective. Wir wollen in anspruchsvolle Gespräche mit Wissenschaftlern und Architekten eintauchen, Bedürfnisse verstehen, dazulernen, das eigene Meinungs- und Wissensspektrum um neue Perspektiven ergänzen. Und am wichtigsten: Fragen stellen. Das proaktive Hinterfragen bedeutet für mich, dass ich mich auch mit Themen zielführend beschäftige, die ich selber noch nicht oder nur unscharf umreißen kann. In der Praxis zeigt sich, wie wertvoll eine aktive und kritische Auseinandersetzung mit Komplexitäten (und einem selbst) als Treiber für neue Ideen wirkt.

Vor einiger Zeit bekamen wir von Kunden ein spannendes Feedback. Sie wünschten sich eine hochwertige Broschüre für Führungskräftemöbel, die einen nachhaltigen ersten Eindruck bei Geschäftspartnern hinterlassen sollte.

Schnell waren die Bildentwürfe designt, sie waren gut, aber irgendetwas fehlte: Hatten wir an alle Manager- oder Führungskrafttypen gedacht? An junge, ältere, moderne, klassische, kreative, analytische? Waren wir dabei, Ansichten nur für Männer zu entwickeln, oder dachten wir genügend an weibliche Entscheiderinnen, deren Anzahl sich in den vergangenen Jahren zum Glück deutlich erhöht hat?

Vorurteile – und wie wir Hersteller sie überwinden können

In Situationen wie diesen neigen wir schnell zu Vorurteilen. Ich klammere mich da nicht aus. Weibliche Führungskräfte mögen es angeblich weniger kantig, filigraner und gerne ein bisschen pastellfarben. Das sind Klischees. Aber entsprechen sie der Realität? Wir beschäftigten uns mit Umfragen zu Formen und Farben, und was sich Frauen für ihr Office wünschen. Wir hörten zu. Wie stereotyp und wenig wertschätzend wäre es, wenn wir aus Bequemlichkeit die vielen Entscheiderinnen ignorieren würden, die vielleicht ganz andere Vorstellungen haben, als es das Klischee besagt? Ein erster, am Ende falscher Gedanke, manche unserer Büromöbelvarianten mit der Bildunterschrift "Managerinnen-Büro" zu vermarkten, verwarfen wir rasch.

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Eine komplexe und simple Herausforderung

Wir haben gelernt, dass unsere Aufgabe als Hersteller eine komplexe und gleichzeitig simple Herausforderung ist: Wir müssen für jeden Menschen und jedes Unternehmen ein möglichst breites Angebot kreieren, damit jeder das finden kann, was er finden möchte. Das ist kompliziert, weil die Anzahl der Wünsche durch das Streben nach mehr Individualität und zusätzliche Inspirationsquellen wie Pinterest und Instagram zusehends steigt. Simpel ist es dagegen, den Menschen komplett selbst zu überlassen, was sie toll finden. Es ist nicht die Aufgabe eines Produzenten, zu entscheiden, was wem gefällt oder gefallen sollte. Wir müssen Optionen für möglichst viele Kunden- und Nutzergeschmäcker bereitstellen.

Ich persönlich glaube an den Ansatz, dass wir Mitarbeiter nicht nur mit Geld und Chancen an einem Arbeitsplatz halten können. Sondern vor allem damit, dass der Ort, an dem sie ihren Job erledigen, Wertschätzung für den einzelnen Menschen und die geleistete Arbeit widerspiegelt. Dazu gehört, dass die Firmen in Vorleistung gehen müssen.

Die Möglichkeiten, diese Beziehung zwischen Unternehmen, Job, Arbeitsort und Mitarbeiter zu stärken, sind vielseitig. Die Forschung über die Generation Z besagt eindeutig, dass die Individualität und Anpassungsfähigkeit eines Arbeitsplatzes ausschlaggebend für die Zufriedenheit der künftigen Büroarbeiter sein wird. Und diese Form der Wertschätzung wirkt auch bei den älteren Kollegen, weil jeder Mensch ein Bedürfnis und Anrecht auf Respekt hat. Das eigene Mitspracherecht nährt Identifikation. Wir kennen es aus dem Alltag, aus der Familie und dem Beruf: Wenn wir Entscheidungen, die uns betreffen, nicht mitgestalten dürfen, gärt in uns Frust. Sind wir am Prozess beteiligt, können wir sogar mit ungünstigen Ergebnissen besser leben.

Ein Showroom für Haltung

Bevor ich bei Palmberg anfing, arbeitete ich für ein Unternehmen, das Hardware für Gamer produziert. Einer der spannendsten Gedanken, die ich damals gesponnen habe, war eine Computer-Maus, hergestellt aus einer anpassungsfähigen Masse. Das heißt: Die Form des Gerätes sollte am Ende abhängig von der Hand sein, die nach der Steuerung greift und mit ihr hantiert. Mehr Individualisierbarkeit geht nicht. Könnte dieser Ansatz bei Bürostühlen funktionieren?

Wie wichtig Wertschätzung ist, fällt mir heute immer wieder beim Blick in unser Büro auf. Seitdem wir in einer modernen Umgebung arbeiten, die den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt rückt, hat sich auch die Atmosphäre geändert. Sie ist offener, kollaborativer und inspirierender geworden. Heute zeige ich jedem Kunden, Partner oder Bewerber meinen Arbeitsplatz. Weil er ein Argument ist, mit und für uns zu arbeiten. Bei uns hat sich die Arbeitswelt so gewandelt, dass sie unsere Firmen-DNA nach außen kommuniziert. Ein Arbeitsplatz, der Menschen wertschätzt, ist mehr als ein produktiver Ort, an dem wir gute Ergebnisse erzielen sollen. Er ist ein Showroom für die Kreativität, Haltung und Leidenschaft eines Unternehmens.

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